23. 04. 2015

Neue Sonderausstellung des Schlossmuseums Gotha „Goldglanz aus Nürnberg – Messingwaren aus der Dürerzeit“

Bereits im 19. Jahrhundert fanden dekorative Messingarbeiten des späten Mittelalters und der Renaissance Eingang in die musealen Sammlungen Europas und bildeten lange Zeit den Stolz privater Sammler. Zuvor waren sie als Tauf- oder Kollekteschalen in Kirchen verwendet worden, wohin sie als prunkvolle Geschenke gelangt waren. Aufgrund der hohen erhaltenen Stückzahlen und ihrem Vorkommen in ganz Europa vermutete man bislang verschiedene Herstellungsorte.

Mittlerweile aber haben die Forschungen ergeben, dass diese Messingwaren einstmals den herausragenden Schmuck von Patrizierhäusern in Nürnberg bildeten. Von der süddeutschen Reichsstadt wurden sie nach Italien, Frankreich, den Niederlanden, England, ja sogar bis nach Schweden, Russland und Spanien transportiert. Der sanfte Glanz des Messings erinnerte dabei an das Goldgeschirr fürstlicher Auftraggeber, und die Dekore spiegelten das Form- und Stilempfinden zwischen Gotik und Renaissance wieder.

Die reiche Großstadt Nürnberg, der im 15. und 16. Jahrhundert eine Bedeutung zukam wie heute den Metropolen New York, Singapur oder Moskau, kontrollierte dabei nahezu vollständig den europäischen Handel mit Messingwaren. In hoch spezialisierten Werkstätten entstanden hier Waren für den Export: So schlugen 1542 Nürnberger Messingarbeiter innerhalb von sechs Wochen aus 384 Zentnern Messing 200 Zentner Scherbecken (Rasierbecken) sowie 184 Zentner Handbecken (Waschschüsseln) – und stellten außerdem 40.000 eiserne Messer pro Woche für den Export her.

Für die dekorative Gestaltung bediente man sich der Vorlagen der Holz- und Kupferstecher, allen voran der Arbeiten Albrecht Dürers.

Anhand einer erstmals in diesem Umfang der Öffentlichkeit vorgestellten privaten Sammlung von über 70 Messingbecken wird das Phänomen der Massenherstellung für Europa aufgezeigt. Dabei ist dem Sammler in akribischer, jahrzehntelanger Forschung der Nachweis gelungen, dass diese Beckenschlägerarbeiten in Nürnberg entstanden sind. Die Ausstellung wird dabei nicht nur um Möbel und Kupferstiche der Zeit ergänzt, sondern – aus einer weiteren Privatsammlung stammend – auch um Leuchter, Weihwasserbecken, Kannen, Monstranzen, Mörser, Einsatzgewichte, Schröpfköpfe für den Aderlass und Zapfhähne, die ebenfalls allesamt in Nürnberg produziert wurden.

Überraschend dabei ist, dass die Nürnberger Künstler bereits im 15. und 16. Jahrhundert durch differenzierte Formgebung und Dekore für spezielle Absatzmärkte in Italien und Frankreich zielgerecht produzierten.

Die aktuellen Forschungsergebnisse wurden dabei in einem nun vorliegenden Katalog dokumentiert, der in der Ausstellung für nur 29,90 Euro (statt 59,90 Euro) erhältlich ist.

26. April – 26. Juli 2015
Schloss Friedenstein, Ausstellungshalle

Eröffnung: Samstag, 25. April 2015, 14 Uhr

SchlossmuseumSonderausstellung