23. 02. 2016

Cranach-Werke auf dem Weg nach Moskau zur Ausstellung „Cranachs Familie zwischen Renaissance und Manierismus“

Die Transportkisten sind gepackt und vom Zoll versiegelt. Jetzt sind neun Cranach-Gemälde und 14 Cranach-Graphiken unterwegs nach Moskau. Dort findet erstmalig eine monographische Ausstellung zu dem künstlerischen Werk von Lucas Cranach dem Älteren (1472 - 1553) und seiner Werkstatt statt. Das Staatliche Museum für Bildende Künste A.S. Puschkin in Moskau zeigt etwa 50 hochkarätige Gemälde und zahlreiche Grafiken in Kooperation mit der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha. Die Stiftung hat sich mit insgesamt 26 Werken an der Ausstellung beteiligt. Die umfangreiche Schau erlaubt es, anhand von zentralen Arbeiten einen repräsentativen Überblick über die Kunst Cranachs zu verschaffen.

Wieder vereint: Cranach in Moskau

Eine besondere Bedeutung der Moskauer Ausstellung „Cranachs Familie zwischen Renaissance und Manierismus“ liegt auch auf der Zusammenführung des ursprünglichen Gothaer Cranach-Bestands: Er wird nun das erste Mal seit den 1940er Jahren wieder in seinem Zusammenhang erlebbar sein. Insgesamt werden 17 Gemälde aus Gothaer Provenienz gezeigt, die 1946 kriegsbedingt verlagert wurden. Zusammen mit den Gothaer Leihgaben haben somit etwa die Hälfte der in der Ausstellung gezeigten Gemälde einen Gothaer Ursprung. Dies unterstreicht die einstmalige Bedeutung dieser Sammlung.

So werden etwa die beiden Judith-Tafeln („Im Zelt des Holofernes“, „Judith an der Tafel des Holofernes“, beide 1531)  wieder in unmittelbarer Nähe der Adam und Eva-Tafel hängen, ganz so wie es schon vor 1945 im Herzoglichen Museum in Gotha der Fall war. Ergänzt durch bedeutende Werke aus renommierten Museen in Berlin, Madrid, Prag, Budapest, St. Petersburg und natürlich Moskau selbst, wird die Kunst Cranachs zu einem wichtigen Botschafter der internationalen Zusammenarbeit der verschiedenen Museen. „Es bleibt zu wünschen, dass diesem erfolgreichen Kooperationsprojekts weitere folgen werden“, sagt Prof. Dr. Martin Eberle, Direktor der Stiftung Schloss Friedenstein.

Wie es dazu kam: Kooperation zwischen Moskau und Gotha 

Mit Gründung der Initiative „Deutsch-russischer Museumsdialog“ 2005 durch die Kulturstiftung der Länder verstärkte sich der Austausch zwischen deutschen und russischen Museumsmitarbeitern. Außerdem ist es der damals gegründeten Initiative zu danken, dass die ab 1945 erstellten sowjetischen Transportlisten ausgewertet werden konnten und sich damit der Verbleib zahlreicher verschollener Objekte klären ließ. Darüber hinaus intensivierten sich die Bemühungen eines direkten Kontaktes zwischen dem Puschkin-Museum und der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Ein erster Höhepunkt dieses Austauschs war der Besuch von Irina Alexandrowna Antonowa, der langjährigen Generaldirektorin des Moskauer Puschkin-Museums, anlässlich der Neueröffnung des Herzoglichen Museums im Oktober 2013. Der Besuch in Gotha, mehr noch aber die Grußworte der Direktorin brachten die Verbundenheit beider Museen zum Ausdruck.

Schon zwei Jahre später folgte dieser Geste eine erste Kooperation. So erklärte sich das Moskauer Puschkin-Museum 2015 bereit, die Gothaer Ausstellung „Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation“ mit einer bedeutenden Leihgabe zu unterstützen. Hieran knüpfte der Plan eines Austausches herausragender Sammlungsbestände aus Moskau und Gotha als ein gemeinsames Projekt an. Neben der Cranach-Ausstellung in Moskau, ist für 2017 eine Ausstellung zur französischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts aus den Beständen des Puschkin-Museums in Gotha geplant.

Deutscher Renaissance-Künstler in Moskau

Cranach der Ältere, der zu den wichtigsten deutschen Renaissancekünstlern gezählt werden darf, wurde 1505 zum kursächsischen Hofmaler ernannt und nach Wittenberg berufen. Das Aufgabenspektrum eines Hofkünstlers im 16. Jahrhundert war äußerst breit gefächert und reichte von der Porträtmalerei über die Ausstattung von Schlössern und Kirchen, bis hin zu flüchtigen Festdekorationen, die ebenfalls durch Cranach gestaltet wurden. Am Beginn der Tätigkeit von Lucas Cranach d. Ä. für die Ernestiner entstanden vor allem zahlreiche graphische Arbeiten sowie Altäre, die von Friedrich dem Weisen und Johann dem Beständigen gestiftet wurden. Ab 1519 sind verstärkt reformatorische Arbeiten im Oeuvre zu finden, darunter die berühmte Gothaer Gesetz und Gnade-Tafel von 1529, eines der ersten protestantischen Lehrbilder, welches die Rechtfertigungslehre Luthers anschaulich macht. Neben der enormen Innovationskraft auf verschiedenen Gebieten, ist es die äußerst produktive Werkstatt, die zum Erfolg des Künstlers und der enormen Verbreitung seiner Bildideen beitrug. 

Tradition der Gothaer Sammlungen  

Nicht nur das Gemälde „Gesetz und Gnade“ steht beispielhaft für den Reichtum der Gothaer Bestände, gerade auch auf dem Gebiet der altdeutschen Malerei. Die Bedeutung der Cranachsammlung resultiert, neben der herausragenden Qualität einzelner Arbeiten auch aus deren gemeinsamen Provenienz aus dem Besitz der ernestinischen Herzöge. Die Herkunft der Gemälde lässt sich somit über Jahrhunderte zurückverfolgen. Darüber hinaus kann für eine Vielzahl der Gothaer Cranach-Werke festgehalten werden, dass diese direkt für die Dienstherren des Hofmalers, die Kurfürsten von Sachsen, geschaffen wurden.

Durch die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges endete zunächst die lange Tradition der Gothaer Sammlungen. Auf Anordnung der sowjetischen Militäradministration wurde ab 1946 ein Großteil der Bestände, darunter die Masse der Cranach-Werke, kriegsbedingt in die Sowjetunion abtransportiert. Die meisten Gemälde gelangten in das Puschkin-Museum in Moskau. Bereits 1957/58 kehrten zahlreiche Werke nach Gotha zurück, so dass an die Museumstradition angeknüpft werden konnte. Es befinden sich nach wie vor auch Gemälde aus Gotha in Moskau, darunter verschiedene Cranach-Werke. Ab dem 3. März werden sie nun erstmals gemeinsam mit den Gothaer Leihgaben zu sehen sein.


Die Ausstellung:

„Cranachs Familie zwischen Renaissance und Manierismus“

Staatliches Museum für bildende Künste A.S. Puschkin, Moskau

3. März – 15. Mai 2016

Es erscheint ein umfangreicher Katalog

 

Herzogliches MuseumCranach