23. 10. 2022

Neue Kabinettausstellung „Ludwig Bohnstedt – Der Architekt als Künstler“

Vor 200 Jahren, am 27. Oktober 1822, wurde Ludwig Bohnstedt geboren. Er ist vor allem als Architekt bekannt und als Wettbewerbssieger für das Reichstagsgebäude im Jahr 1872 von nationaler Bedeutung. Die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha nimmt das Jubiläum und eine großzügige Schenkung von Werken des Künstlers zum Anlass, Bohnstedt in einer Sonderausstellung zu würdigen. Ab Sonntag, den 23. Oktober 2022, ist die Schau „Ludwig Bohnstedt – Der Architekt als Künstler“ im Ausstellungskabinett des Herzoglichen Museums Gotha zu sehen.

Anders als bisher rückt die Kuratorin der Schau Ulrike Eydinger Arbeiten in den Fokus, die den bildenden Künstler Bohnstedt beleuchten. Gezeigt werden figürliche und architektonische Reiseskizzen aus der Zeit seiner Ausbildung, Studienblätter in Öl, Aquarell und Bleistift, Porträts von Freunden und Familie sowie Schaublätter von Gebäuden. Es handelt sich um die erste monographische Schau zu Ludwig Franz Karl Maria Bohnstedt (1822 – 1885), das heißt, es ist das erste Mal, dass sich eine Ausstellung einzig dem Künstler Bohnstedt und seinem Werk widmet.

„Ludwig Bohnstedt wusste auf eindrückliche Weise den Zeichenstift zu führen. Mit reduzierten Mitteln wie Bleistift und sparsam verwendeten Wasserfarben fängt er in seinen Reiseskizzen und Landschaften vielfältige Stimmungen ein, und in den figürlichen Studien und Porträts zeigt sich seine genaue Beobachtungsgabe: teils überführte er das Gesehene in eine ernsthafte Studie, teils überspitzte er es und schuf Bilder voll liebevoller Ironie“, sagt Eydinger über den Stil des Künstlers.

Ludwig Bohnstedt ist ein typischer Vertreter des Historismus, der sich in seinen Entwürfen mühelos unterschiedlichster Stile bedienen konnte. Geboren in St. Petersburg verlagerte der Architekt nach Grand Tour durch Europa, Erlangung akademischer Weihen und Niederlassung als Architekt in seiner Heimatstadt seinen Lebensmittelpunkt in die thüringische Residenzstadt Gotha. Hier lenkte er als Sachverständiger Senator für Bauwesen im Gothaer Stadtrat sowie als selbstständiger Architekt die baulichen Geschicke der Stadt.

 

Ludwig Bohnstedts malerisches und zeichnerisches Werk ist lange über seinen Tod hinaus in privater Hand, zum Teil in Familienbesitz verblieben. Dass sein Œuvre nun auch für die Öffentlichkeit sichtbar wird, ist vor allem Familie Dolgner zu verdanken. Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Dieter Dolgner, der sich in seiner Dissertation mit der Architektur Bohnstedts beschäftigte, hielt einen Großteil des künstlerischen Nachlasses zusammen, indem er ihn aus dem Familienbesitz der Erben erwarb und später gemeinsam mit seiner Frau Dr. Angela Dolgner in mehreren großzügigen Schenkungen an die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha weitergab.

„Im Verlauf der Aufwertung der Stilepoche des Historismus in den 1960er Jahren sowie der Wahrnehmung der verstärkten internationalen kulturellen Wechselbeziehungen in dieser Zeit rückte für mich als Forschungsgegenstand und Dissertationsthema der bedeutende Gothaer Architekt Ludwig Bohnstedt in das Blickfeld. Im Verlauf der Recherchen gelang es, einen Teil des künstlerischen Nachlasses zu entdecken und zu erwerben, der nun als Schenkung in die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha gelangt ist, wo er der lokalen und inhaltlichen Nähe, der sicheren Verwahrung, der wissenschaftlichen Aufbereitung und öffentlichen Zugänglichkeit halber schlicht hingehört“, sagt Dolgner.

Auch ein umfangreicher Ankauf von 73 Werken sowie 30 Fotografien durch die Gothaer Museen, die dann in die Stiftung aufgegangen sind, im Jahr 1978 haben den Bohnstedt-Bestand auf dem Friedenstein erweitert. Er ist damit weltweit zu der umfangreichsten Sammlung von Zeichnungen, Aquarellen, Ölgemälden und -studien von Ludwig Bohnstedt sowie seinen Kindern aufgestiegen.

Der Großteil der graphischen Arbeiten blieb bislang unpubliziert, aber allmählich wird der Künstler in all seinen Qualitäten wiederentdeckt. Der nun erschienene Bestandskatalog, der großzügig durch die Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat, Bonn, gefördert wurde, und die Kabinettausstellung im Herzoglichen Museum Gotha tragen hierzu bei. „Ludwig Bohnstedt – Der Architekt als Künstler“ ist noch bis zum 15. Januar zu sehen.

 

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