26. 02. 2015

Cranach in Gotha – Noch immer sucht der Heilige Johannes seine Mörderin

2015 wird ganz im Zeichen von Lucas Cranach dem Jüngeren stehen, der 1515 geboren wurde. Die große Gothaer Ausstellung „Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation“ wird am 28. März 2015 im Herzoglichen Museum eröffnet. Sie legt dabei einen ganz neuen Fokus auf die Kunst Cranachs als Mittel der Propaganda.

Auf den ersten Blick wirkt die Szene ziemlich grausam: zarte Frauenhände tragen eine Schüssel mit einem abgeschnittenen, blutigen Kopf – dem Haupt von Johannes dem Täufer. Die fast schon gruselige Darstellung ist Teil des Gemäldes „Schüssel mit dem Haupt von Johannes dem Täufer“ von Lucas Cranach dem Älteren, das vermutlich um 1530 entstand. Die Hände wiederum gehören Salome – Tochter der Herodias. Die schöne Dame war ursprünglich auf dem oberen Teil des Holztafelgemäldes zu sehen, bevor es Ende der 1930iger Jahre zersägt wurde. Seitdem ist das Antlitz Salomes verschollen.

Fakt ist, dass die Tafel bislang wenig Beachtung fand, weil lange vermutet worden war, dass es sich um eine Kopie nach Cranach handelte. Für die Sonderausstellung „Bild und Botschaft – Cranach im Dienst von Hof und Reformation“, die am 28. März 2015 im Herzoglichen Museum eröffnet wird, hat die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha das Gemälde in München restaurieren lassen. Die Arbeiten der Spezialisten dauerten ungefähr fünf Monate und wurden von dem Freundeskreis Kunstsammlungen Schloss Friedenstein Gotha e.V. finanziert, der auch für die Klimarahmung aufkam, die eine hohe konservatorische Sicherheit bietet.

Der Gothaer Freundeskreis unterstützte jedoch nicht nur die Restaurierung und Rahmung von der „Schüssel mit dem Haupt von Johannes dem Täufer“, sondern spendete auch für weitere Cranach-Exponate eine stattliche Summe. Eines davon ist „Die Belagerung von Wolfenbüttel“, das ebenfalls lange ein Mauerblümchen-Dasein fristete. Nun kam heraus, dass es sich bei dem Aquarell sehr wahrscheinlich ebenfalls um ein Werk aus dem Cranach-Umkreis handelt, das vermutlich kurz nach 1542 entstanden ist.

Wie der Name schon verrät, ist auf dem Gemälde die Schlacht beziehungsweise Belagerung von Wolfenbüttel zu sehen. „Detailgenau wurde hier herausgearbeitet, wie die Protestanten den in Norddeutschland letzten katholischen Gegner einkesselten und schließlich belagerten.“, sagt Kurator Dr. Timo Trümper, „die Schlacht gilt als größter militärische Erfolg der Protestanten – somit hatte die Darstellung eine hohe symbolische Bedeutung.“ Wenn man das Werk intensiv betrachtet und seiner Fantasie freien Lauf lässt, kann man unter den vielen Figuren sogar den Kurfürsten Johann Friedrich den Großmütigen entdecken, der dieses Gemälde in Auftrag gab.

Im Übrigen entpuppt sich das Bild als eine der großen Überraschungen der anstehenden Ausstellung. Denn: Es ist wahrscheinlich das einzige authentische Gemälde der Schlacht, welches sich aus dem 16.Jahrhundert erhalten hat. „Bisher wurde angenommen, dass es nicht im Umkreis von Cranach, sondern wesentlich später entstanden ist“, erklärt Dr. Trümper.

Auch die Holztafel mit dem Johanneshaupt wird die Besucher beeindrucken: „Früher hatte das Gemälde als Kopie Cranachs keinen hohen Stellenwert.  Nun wird es in der Sonderausstellung erstmals mit der Neubewertung gezeigt,  nämlich als Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren“, bekräftigt Trümper und deutet auf die sehr fein gezeichneten, schmerzverzerrten Gesichtszüge des Johannes’.

Die Geschichte stammt aus dem Neuen Testament, in dem auch das Martyrium des Heiligen Johannes beschrieben wird. Er kritisierte öffentlich die Ehe des König Herodes und seiner Schwägerin Herodias, die durch doppelten Ehebruch zustande kam und wurde daraufhin vom König in den Kerker geworfen. Um Rache zu üben sandte die Herodias heimlich ihre schöne Tochter Salome aus, um Herodes mit einem Schleiertanz zu betören. Der Plan ging auf: Der König war so hingerissen, dass er der Salome jeden Wunsch erfüllen wollte, die daraufhin den Kopf des Johannes verlangte.

Die Geschichte von Salome war am Hofe des 16.Jahrhunderts sehr beliebt. Sie sollte vor den Gefahren und Intrigenspielen des Hoflebens warnen; auch Lucas Cranach nahm sich dieser Thematik mehrfach an.

1936 zersägte ein Kunsthändler die Tafel in zwei Teile und gab die untere Hälfte mit dem abgeschlagenen Kopf des Johannes nach Gotha zurück. Angeblich, weil sich diese brutale Szene im Zusammenhang mit der schönen Salome im oberen Teil negativ auf den Verkauf des Bildes ausgewirkt hätte. Zumindest scheint es so, als ob es sich zerschnitten besser verkaufen ließ.

Im unteren, auf Schloss Friedenstein verbliebenen Bildteil häuften sich im Laufe der Zeit Verschmutzungen an, die Malschichten lockerten sich und viele Ausbesserungen verfälschten den Gesamteindruck des Bildes. Es gab also viel zu tun für die Münchner Werkstatt, damit es pünktlich zu der Cranach Ausstellung 2015 fertig restauriert werden konnte.

Das letzte Mal tauchte der obere Teil des zersägten Gemäldes – die Salome – in den 1970er Jahren im Kunsthandel auf. Dort wurde es fälschlicherweise als ein Porträt der Sybilla von Sachsen angeboten.

Letztendlich bleibt die Hoffnung, dass die beiden zersägten Teile des Gemäldes irgendwann wieder zusammen finden und das ursprüngliche Bild wiederhergestellt werden kann. Das Gemälde ‚Schüssel mit dem Haupt von Johannes dem Täufer’ wird demnächst auf Reisen geschickt – und zwar in die USA. Dort wird es wieder einem breiten Publikum gezeigt. „Und vielleicht findet sich so bald auch der verschollene zweite Teil des ursprünglichen Bildes“, hofft Dr. Trümper.    

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